Denkfabrik 2016: Grenzerfahrungen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der Sächsischen Union,

vor gut einem Jahr hat es kaum jemand für möglich gehalten, dass in Sachsen, Deutschland und Europa wieder über Grenzen gesprochen wird. „Grenzerfahrungen“ sind so aktuell wie selten in den letzten Jahren. Doch Grenzen gibt es nicht nur auf der Landkarte, sie begegnen uns in nahezu allen Lebensbereichen.

„Grenze“ ist ein vielschichtiger Begriff. Grenzen können auf der einen Seite Sicherheit vermitteln, indem sie Orientierung bieten und uns Zusammenhänge in unserer komplexen Welt besser verstehen lassen. Auf der anderen Seite wirken sie aber auch als Hindernis, als Abschreckung, als Barriere und engen die freie Entfaltung unserer Möglichkeiten ein. Daraus können Ansporn zur Überwindung wie auch Zurückhaltung und Hemmung resultieren. Während wir beim Ausbau der digitalen Infrastruktur in unserem Land beispielsweise danach streben, Grenzen immer besser zu überwinden, kommt es bei der Integration von Zuwanderern, Asylbewerbern und Flüchtlingen darauf an, Grenzen, die durch unsere Werte gesetzt sind, deutlich zu machen und auf deren Einhaltung zu bestehen. Und während es uns im Bereich der Ausbildung darum geht, die Grenzen zwischen Berufsausbildung und Studium immer stärker zu öffnen, zeigen uns die internationale Politik und die globale Ökonomie in diesen Tagen die Notwendigkeit auf, Grenzen unter Umständen auch immer wieder neu zu verhandeln.

Die Denkfabrik Sachsen, unser offenes Forum für Zukunftsfragen, ist zurück und wir haben mit dem Titel „Grenzerfahrungen“ ein facettenreiches Thema für die Arbeit in den Fachforen ausgewählt! Die Jubiläumsauflage der zehnten Denkfabrik im Jahr 2014 haben wir zum Anlass genommen, um in diesem Jahr einige neue Ideen in die Veranstaltung einfließen zu lassen. Wir halten an Bewährtem fest und greifen gleichzeitig Ihre Anregungen gern auf. Der Fokus der Veranstaltung wird nun noch stärker auf die thematische Arbeit und Ihre Teilhabe gelegt. Die Diskussionen in den Fachforen nach Vorbild der „Fishbowl“-Methode sollen noch offener, intensiver und vielfältiger werden. Es gilt, konkrete Denkanstöße zu den aufgeworfenen Themen zu erarbeiten, die als Ergebnisse aus den Fachforen das Fazit der Veranstaltung darstellen und uns aus der Politik als Wegweiser dienen können.

Gern können Sie uns Ihre Fragen und Statements für die Arbeit der Fachforen bereits vorab via E-Mail oder via Facebook und Twitter unter #DenkFAB16 übermitteln.

Ich lade Sie sehr herzlich zu unserer 11. Denkfabrik Sachsen am 7. März auf dem Flughafen Dresden ein und freue mich auf viele spannende Gespräche und Diskussionen.


Mit freundlichen Grüßen


Stanislaw Tillich

Landesvorsitzender der Sächsischen Union
Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

Programm

16:30 Uhr Einlass

Möglichkeit zum Besuch des Ausstellerbereiches

Sächsische Innovationen und Ideen

17:30 Uhr GRENZERFAHRUNGEN

Parallel stattfindende Fachforen 1 bis 4

[> Forum 1: Grenzen verhandeln – zwischen Sanktionen und Freihandel LuftRaum

Die Welt verändert sich. Wirtschaft und Unternehmen agieren nur noch selten allein auf sächsischen oder deutschen Märkten. Oftmals sind sie in globale Wirtschaftskreisläufe eingebunden. Folglich beeinflussen wirtschaftspolitische Entscheidungen auf allen politischen Ebenen deren Arbeit ganz unmittelbar. Derzeit sind es vor allem zwei wichtige Themen, welche die sächsische Wirtschafts- und Unternehmenslandschaft, aber auch viele Menschen in Sachsen direkt berühren: die Sanktionen der Europäischen Union gegenüber Russland sowie das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika.

Auf der einen Seite sehen wir dabei Tendenzen, dem freien Handel immer mehr Raum zu geben; auf der anderen Seite erfolgt eine ganz gezielte Begrenzung des Austauschs von Waren und Dienstleistungen. Beides erntet nicht nur in Sachsen teilweise Kritik. Darüber sollten wir miteinander reden. Was sind geeignete Strategien für den weltweiten Handel? Wann darf, wann muss er gegebenenfalls begrenzt werden? Was sollte dabei bedacht werden, und wie können wir es besser als bisher machen? Das sind einige der Fragen, denen wir uns in diesem Fachforum widmen wollen.

Referenten:

Prof. Dr. Andreas Freytag
Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena

„Offene Märkte sind sowohl friedensstiftend als auch wohlstandsfördernd. Vor diesem Hintergrund ist der Widerstand der deutschen Mittelschicht gegen TTIP nicht recht verständlich – er scheint gespeist zu sein aus Vorurteilen und Halbwissen.“

Frank Heidan MdL
wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag

„Die Sanktionen gegenüber Russland sind für die sächsische Wirtschaft mit großen Nachteilen verbunden. Deshalb fordere ich eine schnelle politische Lösung.“

Alexander Zill
Geschäftsführer der Dresdner Lackfabrik novatic GmbH & Co. KG und
Vizepräsident der Vereinigung der sächsischen Wirtschaft (VSW)

"Wandel durch Handel – das ist keine Garantie, aber eine Chance. Diese müssen wir sowohl im Russland-Ukraine-Konflikt als auch bei den TTIP-Verhandlungen stärker in den Fokus stellen."

Moderation:

Christian Eichardt
Politikwissenschaftler an der TU Dresden

Einen Audiomitschnitt zum Nachhören finden Sie hier.

[> Forum 2: Grenzen öffnen – duale Ausbildung und duales Studium

Das deutsche Modell der dualen Ausbildung gilt vielen als vorbildlich, weil es die betriebliche und die schulische Ausbildung miteinander kombiniert. Dadurch werden praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie theoretische Grundlagen und Allgemeinbildung vermittelt. Das macht die duale Ausbildung zu einer der tragenden Säulen unserer heimischen Wirtschaft und Gesellschaft.

Seit einiger Zeit lässt sich jedoch Druck auf dieses Ausbildungssystem von zwei Seiten erkennen. Einesteils wird mangelnde Ausbildungsreife einiger Schulabgänger attestiert; andernteils gibt es bei der weiter wachsenden Zahl von Abiturienten eine eher geringe Bereitschaft, einen ‚klassischen‘ Ausbildungsberuf zu ergreifen. Dem Abkehrtrend gilt es etwas entgegenzusetzen, um den sächsischen Unternehmen weiterhin ausreichenden Nachwuchs zu sichern und das Modell der dualen Ausbildung zukunftsfest zu machen. Ist das duale Studium eine Chance, diese Herausforderung anzugehen? Welche anderen Formen der Attraktivitätssteigerung kann es geben, aber auch: was kann getan werden, um Menschen mit mangelnder Ausbildungsreife besser in das duale Ausbildungssystem zu integrieren? Dies sind einige der Fragen, die wir gemeinsam diskutieren wollen.

Referenten:

Barbara Jonas
Referatsleiterin Ausbildung und stellv. Geschäftsführerin für Bildung der IHK Dresden

„Nicht das Anzweifeln des Systems „Duale Berufsausbildung“ wird es zukunftsfester machen, sondern das Besinnen auf seine besonderen Stärken und Werte.“

Brunhild Kurth
Sächsische Staatsministerin für Kultus

„Duale Berufsausbildung wieder neu entdecken. Leistungsschwächere nicht vergessen und Abiturienten die Karrieremöglichkeiten einer beruflichen Ausbildung noch besser aufzeigen.“

Olivia Rabys
Warengeschäftsleiterin / Geschäftsführerin der Lidl GmbH & Co. KG in Lampertswalde

„Attraktivität und Anforderungen des dualen Systems frühzeitig vermitteln. Bewerberakquise beginnt in der Schule.“

Moderation:

Peter Stawowy
Inhaber von stawowy media, Journalist, Blogger, Dozent und Moderator

Einen Audiomitschnitt zum Nachhören finden Sie hier.

[> Forum 3: Grenzen überschreiten: 50 plus – digitaler Netzausbau

Das "Fachforum 3: Grenzen überschreiten:
50 plus - digitaler Netzausbau" wird von der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT)
der CDU Sachsen inhaltlich ausgestaltet.

Die voranschreitende Digitalisierung ist ein Megatrend, der mittlerweile alle Bereich unseres Zusammenlebens erfasst hat. Mit am stärksten davon betroffen ist die Organisation von ökonomischen Prozessen. Das Zusammenspiel von Mensch, Unternehmen und Maschine wird immer weiter digitalisiert, sodass eine fehlende Teilhabe an diesem Prozess sich schon bald als Wettbewerbsnachteil auswirken wird. Gleichzeitig stellt die Digitalisierung aber auch eine große Chance für die sächsische Wirtschaft dar. Mit Innovationskraft und hoher Flexibilität können bestehende Unternehmen, aber auch Start-ups, den wirtschaftlichen Erfolg Sachsens nachhaltig sichern.

Grundvoraussetzung hierfür sind leistungsfähige Netze, die den wachsenden Anforderungen der Digitalisierung standhalten können. Die Bundesregierung hat daher das Nahziel der flächendeckenden Breitbandverfügbarkeit von 50 Mbit/s bis 2018 formuliert. Obwohl der Freistaat Sachsen selbst bei der Erfüllung dieser Maßgabe derzeit noch akuten Nachholbedarf hat, könnte auch diese Zielgröße schon bald überholt sein. Die rasante Entwicklung verlangt auch von den staatlichen Institutionen ein hohes Maß an Flexibilität.

Wie können wir einen nachhaltigen Breitbandausbau betreiben, der den steigenden Anforderungen auch in Zukunft gerecht wird? Was passiert mit dem sächsischen Wohlstand, wenn wir dieser Entwicklung nicht standhalten können? Welche Herausforderungen stellt die vernetzte Gesellschaft an das staatliche Handeln?

Referenten:

Alexander Dierks MdL
Vorsitzender des CDU-Landesfachausschusses "Netzpolitik"

"Zum Breitbandausbau hat die Bundesnetzagentur Ende 2015 eine weitreichende Entscheidung getroffen. Vor allem die Telekom steht nun in der Pflicht! Sie muss zeigen, dass sie mit dem Vectoring eine kurzfristige Umsetzung des 50Mbit/s-Ziels bis 2018 erreichen kann und auch langfristig mit dem flächendeckenden Glasfaserausbau die digitale Infrastruktur für die Bedürfnisse der „Digitalen Gesellschaft“ zur Verfügung stellen wird."

Udo Harbers
Politische Interessenvertretung der Deutschen Telekom AG, Regulierung und Bundesländer

"Der Bedarf an digitalen Netzen mit hohen Bandbreiten, hoher Verfügbarkeit, Sicherheit und hoher Abdeckung in städtischen und ländlichen Räumen wächst weiter – keine Frage. Doch den bedarfsgerechten Ausbau dieser Netze können wir nur in mehreren Schritten schaffen - andernfalls würden sich ungleiche Versorgungssituationen für lange Zeit verschärfen."

Prof. Dr. Frank Fitzek
Communication and Storage (Coordinator) des 5G-Lab Germany an der TU Dresden

"Der Breitbandausbau für das bestehende Internet ist genauso wichtig wie die Versorgung mit Energie und Wasser. Für das zukünftige taktile Internet ist es dagegen nicht notwendig, es flächendeckend anzubieten."

Moderation:

Dr. Astrid Herbold
Freie Journalistin, Berlin

Einen Audiomitschnitt zum Nachhören finden Sie hier.

[> Forum 4: Grenzen setzen – Werte sind nicht verhandelbar

Asyl, Zuwanderung, Integration und deren Auswirkungen werden uns auch in den kommenden Jahren beschäftigen. Wir dürfen und wollen uns den damit verbundenen Herausforderungen nicht entziehen. Vielmehr gilt es, die Prozesse zu lenken und zu gestalten. Dazu ist es notwendig, jene Werte deutlich zu markieren, die unsere Gesellschaft ausmachen und die für uns in keiner Weise verhandelbar sind. Dazu zählen mannigfaltige Freiheitsrechte ebenso wie Meinungsvielfalt, die Gleichheit von Mann und Frau, die ungehinderten Möglichkeiten der Religionsausübung, aber auch die Trennung von Staat und Religion sowie vieles mehr. Der Maßstab, an dem wir uns dabei oftmals orientieren, ist das Grundgesetz.

Ein gesunder ‚Verfassungspatriotismus‘ ist eine der Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft. Um auf dieser Basis Grenzen zu setzen, müssen dessen Inhalte tradiert und in Geltung gehalten werden. Dazu braucht es ein gemeinsames Verständnis davon, was diese Werte ganz genau sind, wie sie gelebt werden und auf welche Weise sie von wem weitergegeben werden sollen. Das sind Aufgaben, die jeden in Sachsen angehen. Deshalb müssen wir uns dringend darüber verständigen, wie wir sie gemeinsam bewältigen können.

Referenten:

Cemile Giousouf MdB
Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

"Einwanderung hat uns in Deutschland nicht nur kulturell bereichert, sondern auch volkswirtschaftlich stärker gemacht. Aber jede Einwanderungsgesellschaft braucht gemeinsame Werte, einen gemeinsamen Kompass, basierend auf unserem Grundgesetz. Unsere Werte sind nicht verhandelbar und gelten gleichermaßen für Zugewanderte wie für die Mehrheitsgesellschaft."

Geert Mackenroth MdL
Der Sächsische Ausländerbeauftragte

„Sind Grenzen der Aufnahme auch Grenzen der Humanität? Für mich steht fest: Weder die Aufnahme und das Bleiberecht für Alle noch die nationalstaatliche Abschottung sind tragfähige Lösungen.“

Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Inhaber des Lehrstuhls für politische Systeme und Systemvergleich an der TU Dresden

"Selbstverständliches Miteinander entsteht nur innerhalb von Grenzen. Sinn braucht Klarheit, die aber Grenzen. Und auch das Verhandeln braucht die Grenzen des Unverfügbaren."

Moderation:

Stefan Locke

Journalist und Landeskorrespondent Sachsen der F.A.Z.

Einen Audiomitschnitt zum Nachhören finden Sie hier.


19:30 Uhr FAZIT

Michael Kretschmer MdB

Generalsekretär der Sächsischen Union und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Denkanstöße aus den Fachforen auf der Denkfabrik-Bühne

STATEMENT von Stanislaw Tillich MdL

Landesvorsitzender der Sächsischen Union und Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

Fazit und Statement sowie Denkanstöße aus den Fachforen kann man hier noch einmal nachhören.

20:15 Uhr DENKFABRIK-LOUNGE

Impressionen